In diesem Beitrag gehe ich auf die Frage eines Lesers ein, welcher vor einigen Jahren als Teilnehmer in einem meiner Triggerpunkt-Workshops dabei war.
Vage erinnere ich mich, dass wir im Workshop nicht nur über Triggerpunkte sprachen, sondern auch über unterdrückte Gefühle und das sich, wenn sie das erste Mal bewusst durchlebt und angenommen werden, Schmerzen lindern oder lösen können.
Vor kurzem sah der Teilnehmer von damals eines meiner Videos und schrieb mir als Kommentar: „Das hört sich an wie Dr. John Sarno. Hast Du von dem schonmal etwas gehört?“
Natürlich kenne ich Dr. John Sarno, wenn auch nicht persönlich, und habe auch zwei seiner Bücher gelesen. Und zwar „The Divided Mind“ und „Healing Back Pain“.
Beide Bücher haben mir gut gefallen, da sie das Thema beleuchten wie Emotionen und Gefühle, vor allem wenn sie unbewusst und unterdrückt sind, Schmerzen auslösen können. John Sarno vertrat (er lebt nicht mehr) die Meinung, dass diese die wahre und einzige Ursache von (chronischem) Schmerz sind.
Während Dr. John Sarno zu Beginn seiner „Entdeckungen“ Physiotherapie gerne als begleitende Maßnahme gegen Schmerzen empfahl, lehnte er sie später gänzlich ab. Er vertrat die Auffassung Physiotherapie habe beim Thema chronische Schmerzen wenig bis keinen Platz.
Damit gelange ich an meinen Kritikpunkt bzgl. seiner Bücher. Sie sind mir zu dogmatisch, wenngleich auch wertvolle Information in ihnen steckt und ich diese Bücher jedem Menschen mit chronischen Schmerzen ans Herz legen möchte – einfach um einmal über den mechanischen Tellerrand hinauszublicken.
Im Folgenden erkläre ich, warum ich diese dogmatische Sichtweise nicht vertrete und warum ich, selbst wenn Dr. Sarno Recht hätte (was ich nicht glaube), in vielen Fällen dennoch (zusätzlich) zu körperlichen Therapieformen raten würde.
Gehen wir davon aus, dass die Psyche immer die Ursache für chronische Schmerzen ist. Sie beeinflusst das Nervensystem und dadurch natürlich auch den Muskeltonus bzw. die Muskelspannung.
Somit führt sie zu mechanischen und chemischen Veränderungen im Körper, also auch in der Muskulatur.
Dadurch kann sie Zustände und Veränderungen auslösen, welche diverse Rezeptoren aktivieren. Diese Rezeptoren generieren Warnsignale (nozizeptive Reize), welche an das Rückenmark und von dort möglicherweise an das Gehirn geleitet werden, wo sie gegebenenfalls als Gefahr und dann als Schmerz interpretiert werden können.
Aber selbst dann, was ist wenn:
- Man aktuell so unbewusst und unreflektiert ist, dass man diese Gefühle gar nicht als solche interpretieren kann, sondern sich mit diesen identifiziert.
- Man gerade mit diesen Gefühlen nicht in Kontakt treten kann.
- Einem die Ressourcen fehlen, um sich mit diesen teils schweren Themen auseinanderzusetzen.
- Man keinen Platz bei einem Psychotherapeuten bekommt.
Selbst wenn Dr. Sarno Recht hätte und die Psyche für alle chronischen Schmerzen alleinig verantwortlich ist, aber einer der genannten Beispiele vorliegt, warum sollte man dann nicht durch körperliche Therapieansätze wie zum Beispiel Yoga, Pilates, Feldenkrais, Physiotherapie, Osteopathie, Selbstmassagen etc. versuchen Linderung zu erreichen?